Mein Kollege hat letzte Woche seine gesamte Social-Media-Planung an ChatGPT delegiert. 47 Posts, drei Kampagnen, zwei Newsletter – alles von der KI. Das Ergebnis? Technisch sauber, strategisch… naja, sagen wir mal ausbaufähig. Und trotzdem schwört er darauf, dass ihm das Tool täglich zwei Stunden spart.
Willkommen in der Realität des KI-Marketing 2025. Zwischen „ChatGPT macht alles!“ und „KI kann nichts!“ liegt ein weites Feld voller praktischer Möglichkeiten – und ziemlich konkreter Grenzen.
Zeit für einen ehrlichen Blick darauf, was das Tool wirklich kann. Ohne Hype, ohne Schwarzmalerei. Nur Fakten für Menschen, die im Marketing arbeiten und wissen wollen: Lohnt sich das überhaupt?
Content-Produktion: Wo ChatGPT glänzt (und wo nicht)
Fangen wir bei dem an, was die meisten zuerst ausprobieren: Texte schreiben lassen. ChatGPT ist verdammt gut darin, schnell brauchbare Erstentwürfe zu produzieren. Blog-Artikel, Produktbeschreibungen, Social-Media-Posts – das funktioniert.
Aber – und das ist ein großes Aber – die Qualität hängt massiv davon ab, wie gut du das Tool führst. Ein schlechter Prompt bringt schlechte Ergebnisse. So einfach ist das.
Nehmen wir Produktbeschreibungen. ChatGPT kann dir in 30 Sekunden einen Text liefern, der alle wichtigen Features abdeckt, SEO-freundlich ist und grammatisch korrekt. Problem: Er klingt oft wie aus dem Textbaukasten. Austauschbar. Ohne Charakter.
Die Lösung? Du musst der KI beibringen, wie deine Marke klingt. Mit konkreten Beispielen, Tonalitäts-Vorgaben, Do’s and Don’ts. Das dauert am Anfang länger, zahlt sich aber aus. Die Nutzung von personalisierte Inhalte durch ChatGPT ermöglicht es Unternehmen, auf die spezifischen Anliegen und Präferenzen ihrer Kunden einzugehen und so die Effizienz im Marketing zu steigern.
Ein praktisches Beispiel: Statt „Schreib eine Produktbeschreibung für unsere neue Kaffeemaschine“ lieber: „Schreib eine Produktbeschreibung für unsere Kaffeemaschine im Stil unserer Marke. Zielgruppe: Kaffee-Enthusiasten, 25-45 Jahre. Tonalität: Enthusiastisch, aber nicht übertrieben. Vermeide Superlative wie ‚revolutionär‘ oder ‚einzigartig‘. Beispiel unseres Marken-Tons: [Beispieltext einfügen].“
So kriegst du Texte, die nicht nur funktionieren, sondern auch nach dir klingen.
SEO-Content: Effizienz vs. Expertenwissen
Hier wird’s interessant. ChatGPT kann verdammt gute SEO-Texte schreiben – wenn du weißt, wonach du fragen musst. Das Tool versteht Keywords, Suchintention, strukturiert Überschriften und baut interne Links ein. Technisch ist das oft besser als das, was viele Agenturen abliefern.
Das Problem liegt woanders: ChatGPT fehlt das aktuelle Marktverständnis. Es weiß nicht, welche Keywords gerade im Trend liegen, welche Themen deine Konkurrenz besetzt oder wie sich Suchverhalten in deiner Nische entwickelt.
Deshalb funktioniert ChatGPT am besten als Umsetzungs-Tool, nicht als Strategie-Berater. Du machst die Keyword-Recherche, analysierst die Konkurrenz, entwickelst die Content-Strategie – und lässt dann die KI die Texte schreiben.
Übrigens: Die aktuellen Entwicklungen bei Algorithmen zeigen, dass Suchmaschinen immer besser darin werden, KI-generierten Content zu erkennen. Nicht automatisch schlecht – aber ein Grund mehr, warum reine Copy-Paste-Strategien nicht funktionieren.
Werbeanzeigen und Headlines: Kreativität auf Knopfdruck?
ChatGPT ist ein Ideen-Monster. Gib ihm eine Produktbeschreibung und lass dir 20 verschiedene Headlines ausgeben. Variationen für A/B-Tests? Kein Problem. Unterschiedliche Ansprachen für verschiedene Zielgruppen? Läuft.
Besonders stark ist das Tool bei der Variation bestehender Konzepte. Du hast eine funktionierende Anzeige und brauchst 10 ähnliche Versionen für verschiedene Zielgruppen? ChatGPT macht das in zwei Minuten. Mit ChatGPT lassen sich Zielgruppensegmente für digitale Werbekampagnen präzise erstellen und automatisiert qualitativ hochwertige Inhalte für verschiedene Kanäle produzieren.
Aber echte kreative Durchbrüche? Die kommen selten. ChatGPT kombiniert und variiert, was schon da ist. Es denkt nicht außerhalb bekannter Muster.
Ein Kollege aus einer größeren Agentur hat mir erzählt: „Wir nutzen ChatGPT für die Masse – schnelle Variationen, Textlängen-Anpassungen, Reformulierungen. Aber die eine wirklich geniale Kampagnen-Idee? Die kommt immer noch von uns.“
Das passt zu dem, was ich selbst beobachte. ChatGPT ist fantastisch für operatives Zeug, für Effizienz, für „mehr vom Gleichen“. Aber für echte Innovation braucht’s immer noch menschliche Kreativität.
Strategische Ideenfindung: Assistent, nicht Entscheider
Hier hört man oft wilde Versprechungen. ChatGPT als Marketing-Stratege, als Kampagnen-Planer, als Zielgruppen-Analytiker. Die Realität ist nuancierter.
Das Tool ist brillant darin, dir Denkansätze zu liefern. Du beschreibst dein Unternehmen, deine Herausforderung, deinen Markt – und bekommst strukturierte Ideen zurück. Manchmal sind richtig gute dabei.
ChatGPT kann dir helfen, systematisch durch verschiedene Positionierungs-Ansätze zu denken, Zielgruppen-Segmente zu definieren oder Kampagnen-Mechaniken zu durchdenken. Als Sparringspartner ist das Tool Gold wert.
Aber die finale strategische Entscheidung? Die triffst du. Die Entwicklung langfristiger Strategien und die Umsetzung innovativer Kampagnen erfordern weiterhin menschliche Kreativität und Marktkenntnis – ChatGPT bleibt hier ein unterstützendes Werkzeug. ChatGPT kennt deinen Markt nicht intimately genug, versteht deine Unternehmenskultur nicht, hat kein Gefühl für aktuelle Marktdynamiken.
Datenanalyse und Recherche: Strukturieren statt Sammeln
ChatGPT kann keine aktuellen Daten sammeln oder deine Analytics-Accounts anzapfen (außer du gibst ihm die Daten). Aber es ist fantastisch darin, vorhandene Informationen zu strukturieren und zu interpretieren.
Upload deine Zielgruppen-Surveys, lass dir Muster erklären. Füttere das Tool mit Konkurrenz-Analysen und bitte um Zusammenfassungen. Gib ihm deine Website-Analytics und lass dir Optimierungs-Empfehlungen geben.
Das spart enorm Zeit. Statt selbst stundenlang durch Daten zu wühlen, lässt du ChatGPT die Vorarbeit machen und konzentrierst dich auf die Interpretation und Umsetzung.
Ein Beispiel aus der Praxis: Letzte Woche hatte ich 150 Seiten Marktforschung auf dem Tisch. ChatGPT hat mir daraus eine 5-seitige Zusammenfassung mit den wichtigsten Insights erstellt. In 10 Minuten. Hätte ich selbst Stunden gebraucht.
Integration in bestehende Workflows: Mehr als nur Copy-Paste
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Die meisten nutzen ChatGPT noch wie einen besseren Texteditor: Rein, Text raus, fertig. Dabei kann das Tool viel mehr – wenn du es richtig in deine Arbeitsabläufe integrierst.
Über APIs lässt sich ChatGPT in fast alle gängigen Marketing-Tools einbinden. Mit der Integration von ChatGPT in E-Mail-Marketing-Kampagnen können Unternehmen personalisierte Nachrichten auf Basis der Interessen und Verhaltensweisen ihrer Empfänger automatisiert erstellen. Automatische Produktbeschreibungen im E-Commerce-System? Geht. Personalisierte E-Mail-Texte basierend auf CRM-Daten? Geht auch. Social-Media-Posts, die automatisch an deine Content-Planung angepasst werden? Ebenfalls machbar.
Das Zauberwort heißt Automatisierung. Nicht einzelne Texte schreiben lassen, sondern wiederkehrende Prozesse intelligent unterstützen.
Allerdings: Je tiefer du ChatGPT in deine Systeme integrierst, desto wichtiger wird Qualitätskontrolle. Automatisierung ohne Überprüfung kann schnell nach hinten losgehen.
Die Grenzen: Wo ChatGPT an Wände stößt
Reden wir über das, was nicht funktioniert. ChatGPT hat Probleme mit Nuancen. Mit subtiler Markenidentität. Mit kulturellen Codes, die nicht explizit erklärt werden.
Beispiel Tonalität: Du kannst dem Tool erklären, dass deine Marke „locker, aber professionell“ klingen soll. Trotzdem wirst du immer wieder Texte bekommen, die entweder zu steif oder zu casual sind. Diese Feinabstimmung kriegt die KI nicht hin.
Noch ein Problem: Aktualität. ChatGPT weiß nicht, was gerade trending ist, welche Memes funktionieren, was in der Popkultur passiert. Für zeitgeistige Kommunikation ist das Tool oft zu langsam.
Und dann ist da noch die Sache mit der Originalität. ChatGPT kann nur rekombinieren, was schon existiert. Wirklich neue Ideen, überraschende Wendungen, unkonventionelle Ansätze – das passiert selten.
Ein befreundeter Creative Director hat es mal so formuliert: „ChatGPT ist wie ein sehr intelligenter Praktikant. Macht vieles richtig, arbeitet schnell, aber die wirklich genialen Sachen fallen ihm nicht ein.“
Prompt Engineering: Der Unterschied zwischen okay und brillant
Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Die Qualität deiner ChatGPT-Ergebnisse hängt direkt davon ab, wie gut du das Tool ansteuerst. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist das gezielte Prompt Engineering, das klare Aufgabenstellungen, Kontext und Zielgruppen definiert, um hochwertige Inhalte mit ChatGPT zu generieren.
Schlechter Prompt: „Schreib einen Newsletter für unser Unternehmen.“
Guter Prompt: „Schreib einen Newsletter für unser B2B-SaaS-Unternehmen. Zielgruppe: IT-Entscheider in mittelständischen Unternehmen. Thema: Neue Sicherheits-Features. Tonalität: Kompetent, aber nicht technisch überladen. Struktur: Kurzer Teaser, 3 Hauptpunkte mit je 2-3 Sätzen, Call-to-Action für Demo-Termin. Länge: Maximal 200 Wörter.“
Der Unterschied ist dramatisch. Je präziser deine Vorgaben, desto besser das Ergebnis.
Übrigens: Iterieren ist key. Selten ist der erste Output perfekt. Aber ChatGPT kann sehr gut nachbessern, wenn du konkret sagst, was dir nicht gefällt.
Rechtliche und ethische Aspekte: Was du beachten musst
Das wird oft übersehen, ist aber wichtig. KI-generierte Inhalte bewegen sich rechtlich noch in einer Grauzone. Urheberrecht, Haftung bei falschen Aussagen, Transparenz gegenüber Kunden – da gibt es noch viele offene Fragen.
Mein Rat: Kennzeichne KI-Unterstützung, wo es sinnvoll ist. Überprüfe Fakten immer doppelt. Und verlasse dich nicht blind auf ChatGPT bei rechtlich relevanten Aussagen.
Ethisch ist die Sache komplizierter. Ist es okay, Texte komplett von KI schreiben zu lassen, ohne das zu erwähnen? Wo ist die Grenze zwischen „Tool-Unterstützung“ und „Täuschung“?
Ehrlich gesagt: Da entwickeln sich die Standards noch. Aber Transparenz ist meist der sicherere Weg.
Skalierung ohne Qualitätsverlust: Der Balanceakt
Die große Frage für Agenturen und Inhouse-Teams: Wie nutzt man ChatGPT, um mehr zu schaffen, ohne dass alles gleich klingt?
Die Antwort liegt in systematischen Prozessen. Nicht ChatGPT wild drauflos texten lassen, sondern strukturierte Workflows entwickeln.
Bei uns läuft das so: ChatGPT erstellt Grundgerüste, Menschen verfeinern und personalisieren. Jeder Text durchläuft mindestens eine menschliche Korrekturschleife. Und wir haben klare Brand-Guidelines, die auch für KI-Content gelten.
Das Ergebnis: Wir schaffen mehr Content als früher, aber behalten die Qualität und Individualität bei.
Ein persönlicher Einwurf
Mir ist neulich aufgefallen, wie oft ich ChatGPT um erste Ideen bitte – und wie selten ich die dann unverändert übernehme. Das Tool ist für mich zum Denkpartner geworden, nicht zum Ersatz. Es hilft mir, schneller ins Thema zu finden, verschiedene Blickwinkel zu sehen, strukturiert zu denken.
Aber die finalen Entscheidungen, die strategischen Weichenstellungen, die kreativen Durchbrüche – die kommen immer noch von mir. Und das ist auch gut so.
Was ChatGPT wirklich kann (und was du daraus machen solltest)
Nach einem Jahr intensiver Nutzung im Marketing-Alltag ist mein Fazit: ChatGPT ist ein brillantes Werkzeug für operatives Marketing. Content-Produktion, Ideenfindung, Strukturierung, Variation – da ist es unschlagbar.
Aber es ist kein Stratege, kein Kreativ-Direktor, kein Marken-Experte. Es macht nicht automatisch besseres Marketing – aber es kann gutes Marketing effizienter machen.
Der Trick liegt darin, das Tool richtig zu positionieren. Nicht als menschlichen Ersatz, sondern als intelligenten Verstärker. Nutze ChatGPT für das, was es gut kann – und konzentriere dich auf das, was nur du kannst.
Denn am Ende entscheidet nicht die KI über den Erfolg deines Marketings. Sondern deine Strategie, deine Marktkenntnis, deine Kreativität. ChatGPT kann dir dabei helfen, diese Stärken effizienter zu nutzen.
Die Frage ist nicht, ob ChatGPT dich ersetzen wird. Die Frage ist, ob du lernst, es so zu nutzen, dass du besser wirst als die, die es nicht verstehen.
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